Berliner Krisenhäuser existenziell bedroht

Andrea Zimmer 17.06.2021 Lesedauer 4 Min.

… und das nicht erst seit gestern! Jetzt wird der Hilferuf verzweifelter und lauter. Seit Jahren weisen die Berliner Kriseneinrichtungen bei jeder Gelegenheit auf die Notwendigkeit hin, dass die Wohnungsnotfallhilfe  gemäß §§ 67ff. SGB XII für eine Stadt wie Berlin unverzichtbar ist.

An 365 Tagen im Jahr finden hier – und nur hier – Menschen Hilfe, die in einer akuten Notsituation sind. Menschen, die sofort eine Lösung benötigen und keine Zeit – geschweige denn Kraft – haben, sich durch den oft nebulösen Dschungel von „Hilfe“angeboten und vor allem der alles entscheidenden Kostenübernahme zu kämpfen. Nicht selten und nicht wenige fallen aufgrund ihrer akuten existentiellen Notlage durch alle Raster des Sozialsystems. Sie fallen tief oder finden noch den Weg in eine der 3 Berliner Kriseneinrichtungen. Deren Türen stehen für nahezu jede*n jederzeit offen und dahinter leisten Mitarbeiter*innen im wahrsten Sinne lebenswichtige Arbeit.

Wie wichtig aber ist diese Arbeit der Berliner Senatsverwaltung ?

Die Frage stellt sich, da immer mehr Anträge auf Kostenübernahme von den Sozialämtern zögerlich, geringfügig oder gar nicht bewilligt werden. Diese restriktive Bewilligungstaktik führt dazu, dass die Krisenhäuser trotz hohen Bedarfes nur schlecht ausgelastet waren und sind. Tendenz: weiter fallend. Die Fixkosten einer Einrichtung wie Personal und Miete aber sinken nicht – im Gegenteil. Dieser Zustand ist nicht nur zermürbend sondern existenzbedrohend.

 

Die Gefährdung resultiert allein aus der Finanzierungsart, der Tagessatzberechnung sowie einem Planmengenverfahren – dem alle Bezirke unterliegen – und das einen ökonomischen Fehlanreiz zur Belegung kostengünstigerer Produkte setzt.
Wo also primär die anfallenden Kosten „möglicher“ Hilfeangebote in Betracht gezogen werden, stellt sich die Frage „Was braucht jemand in einer akuten Notsituation?“ erst gar nicht.
Die Lage ist ernst und kann nur durch Einsicht der politisch Verantwortlichen verbessert werden. Daher fand bereits im März 2019 eine Podiumsveranstaltung im IB Krisenhaus Schöneberg mit dem Berliner Staatssekretär für Soziales, Alexander Fischer statt. Auf dessen Wunsch wurde ihm im Nachgang ein gemeinsames Positionspapier mit möglichen Perspektiven überreicht.

 

Mehr als 2 Jahre lang passierte nichts. Will man das Thema aussitzen?

Schließlich Handelt es sich „nur“ um insgesamt 47 Plätze verteilt auf die Träger: IB, Weglaufhaus e.V. und Bürgerhilfe Kultur des Helfens gGmbH. Ein gemeinsam verfasster „offener Brief“ ging nun an die sozialpolitischen und finanzpolitischen Sprecher aller Fraktionen mit Ausnahme der Afd. Der Druck auf Herrn Fischer schien zu steigen – nicht unwahrscheinlich zeigt auch die diesjährige Bundestagswahl Wirkung.

 

Herr Fischer lud zu einem persönlichen Gespräch ein, das Erik Dollwetzel (Bereichsleiter des IB Krisenhauses) und Jens Obermark (Weglaufhaus e.V.) führten.
Fazit Erik Dollwetzel: „Aktuell bemühen wir uns, mit der Unterstützung von Herrn Fischer, die sozialpolitischen Sprecher*innen aller Fraktionen im Abgeordnetenhaus an einen Tisch zu bekommen, um unser Anliegen besprechen zu können.“ Das Ziel seitens der Träger kann nur ein anderes Modell der Bewilligung und Finanzierung von Leistungen für Menschen in der Krise sein.

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