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Kältehilfe in Corona-Zeiten

Anja Meyer 05.05.2021 Lesedauer 3 Min.

Mit den Sorgen und Nöten wohnungsloser Menschen kennt sich Bereichsleiterin Claudia Nickel aus. Immerhin arbeitet sie seit mittlerweile zehn Jahren im Bereich Wohnungslosenhilfe beim IB Berlin-Brandenburg. Seit 2017 engagiert sie sich außerdem in der Kältehilfe. Wir haben Claudia Nickel gefragt, wie die diesjährige Kältehilfe unter den erschwerten Bedingungen der Corona-Pandemie gelingen konnte.

Frau Nickel, hinter Ihnen und den Kolleg*innen liegen intensive Monate. Nun ist die Kältehilfesaison abgeschlossen. Wie lautet Ihr Fazit?

Im Großen und Ganzen ist die diesjährige Kältehilfe gut verlaufen und wir sind zufrieden. Eine der größten Herausforderungen in dieser Saison waren natürlich die durch Corona bedingten Hygienevorschriften. Es hat eine Weile gedauert, bis sich alle daran gehalten haben. Aber am Ende hat es gut geklappt. Trotz Corona waren die Rahmenbedingungen für die Bewohnenden, aber auch für die Ehrenamtlichen im diesen Jahr sehr gut, da die Kältehilfe im Pfefferbett-Hostel stattfinden konnte.

››Am meisten wünsche ich mir, dass ein Angebot wie die Kältehilfe immer weniger benötigt wird.‹‹

Obdachlose Menschen wurden in einem Hostel untergebracht?

Ja, in dieser Form fand eine solche Unterbringung zum ersten Mal statt. Normalerweise richten wir in leer stehenden Objekten die Notunterkünfte ein. Das heißt, wir besorgen Möbel, Bettwäsche, Handtücher, Geschirr und Nahrungsmittel. Bevor die eigentliche Kältehilfe beginnen kann, gibt es Vorfeld immer viel zu tun.

Welche Vorteile haben sich aus der Zusammenarbeit mit dem Hostel ergeben?

Für uns war ein großer Vorteil, dass wir zum ersten Mal komplett ausgestattete Räumlichkeiten nutzen konnten und sich das Hostel um die Zimmerbereitstellung, Wäsche, Essensversorgung und Reinigung gekümmert hat. Unsere Sozialarbeiter*innen konnten somit mehr Aufmerksamkeit auf die Unterstützung und Beratung der Nutzer*innen legen. Die Mitarbeitenden des Hostels haben wir bei allen Abläufen mit unserem Wissen und unseren Erfahrungen in der Arbeit mit obdachlosen Menschen unterstützt.

Welche Sicherheitsvorkehrungen hattet ihr getroffen? Gab es ein Pandemiekonzept und wie sah dieses konkret aus?

Im Vorfeld hatte das Hostel ein Hygienekonzept erstellt, welches vom zuständigen Gesundheitsamt geprüft und in Teilen angepasst wurde. Jeden Abend hatten wir beim Einlass Fieber bei den Nutzer*innen gemessen. Bei Auffälligkeiten konnten die Betroffenen die Nacht in einem Quarantäne-Zimmer verbringen, um am nächsten Morgen einen Arzt bzw. eine Teststelle aufzusuchen. In ganz schwierigen Fällen haben wir Betroffen an ein Krankenhaus weitervermittelt. Im ganzen Haus – außer den Zimmern – bestand für Übernachtende als auch für Mitarbeitende Maskenpflicht. Die Masken wurden beim Einlass kostenlos verteilt. Um die Kontakte zu reduzieren, wurden maximal vier Personen in einem 8-Bett-Zimmer untergebracht. Der Vorteil: Fast alle Zimmer hatten ein eigenes Badezimmer mit Toilette und Dusche. Außerdem gab es nach Zimmern gestaffelte Essenszeiten, damit sich die Menschen möglichst aus dem Weg gehen konnten.

Gab es neben den Hygieneauflagen weitere schwierige Situationen?

Vor allem in den ersten beiden Monaten kam es immer wieder zu verbalen aber auch körperlichen Auseinandersetzungen unter einigen Obdachsuchenden. Bei 90 Bewohner*innen gibt es einfach eine andere Dynamik. Aber auch das hat sich in den letzten Monaten beruhigt. Umso regelmäßiger die selben Besucher*innen kamen, umso ruhiger wurde es.

Ohne ehrenamtliches Engagement wäre die Kältehilfe nicht realisierbar. Was ist die Motivation der freiwilligen Helfer*innen, sich gerade für obdachlose Menschen einzusetzen?

Die Motivation ist ganz unterschiedlich, einige sind Student*innen der sozialen Arbeit und haben sich bereits für die Hilfe und Unterstützung im Rahmen ihrer Berufswahl entschieden. Für sie ist es ganz selbstverständlich an dieses bereits im Studium umzusetzen und Erfahrungen zu sammeln. Andere Ehrenamtlich haben einfach den Wunsch, anderen zu helfen und möchten dies gerade für Menschen tun, denen es besonders schlecht geht.

Wie gut ist die Berliner Kältehilfe Ihrer Meinung nach aufgestellt? Was wären Ihre Verbesserungsvorschläge?

Die Kältehilfe ist ein sehr niedrigschwelliges Angebot. Hier kann man nicht unbedingt die Standards der anderen Wohnungsnotfalleinrichtungen ansetzen. Was sich durch Corona sehr deutlich gezeigt hat ist, dass wir weg müssen von Massenunterbringungen mit vielen Menschen in einen Raum. Für die Zukunft heißt das: Wir brauchen noch mehr kleinere Einrichtungen. Kältehilfe soll aber immer nur ein Ersatz sein für Menschen, die aus den verschiedenen Gründen nicht im Regelsystem ankommen. 

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung und den Bezirksämtern?

In den vergangenen Jahren war für uns vor allem der jeweilige Bezirk der Ansprechpartner. Die Zusammenarbeit hat immer sehr gut geklappt. In dieser Kältehilfe-Saison hat sich vor allem Sozialsenatorin Elke Breitenbach dafür eingesetzt, dass die Kältehilfe unter den veränderten Umständen der Corona-Pandemie stattfinden kann. Dazu hat sie alle relevanten Abteilungen mit ins Boot geholt. Gleichzeitig wurde seitens der Finanzverwaltung ein höheres Budget für die Kältehilfe 2020/2021 bewilligt.

Wenn der Winter kommt, rücken obdachlose Menschen und ihre prekäre Lage in den Fokus der Öffentlichkeit. Dabei ist Obdach- und Wohnungslosigkeit ganzjährig ein großes Problem in Berlin. Was würdest du dir wünschen?

Wünschenswert wäre, dass unser Regelsystem soweit ausgebaut ist, dass jede*r die Unterstützung bekommt, die er möchte und vor allem benötigt. Ganz grundlegend müsste jedoch mehr bezahlbarer Wohnraum vorhanden sein, damit Wohnungs- und Obdachlosigkeit verhindert werden können. Am meisten wünsche ich mir, dass ein Angebot wie die Kältehilfe immer weniger benötigt wird.

Anja Meyer

war als Referentin für Kommunikation und Marketing sowie als Pressesprecherin beim IB Berlin-Brandenburg tätig. In dieser Funktion kümmerte sie sich um die…

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