Am Büro des ToM-Teams kommen die Mieter*innen der degewo-Wohnanlage in Altglienicke eigentlich gar nicht vorbei. Es liegt mitten im Wohnkomplex und so ist es nicht verwunderlich, dass die Bewohner*innen immer wieder auf ein kurzes, freundliches ‚Hallo‘ vorbeischauen. Manchmal bringen sie auch Gebäck oder Kuchen vorbei, denn die drei IB-Sozialarbeiterinnen gehören mittlerweile zur Gemeinschaft dazu.
Das ist ein schönes Zeichen für Karolina Babic, Rachel Lauber und Katharina Zeh. Gleichzeitig ist es ein wichtiges Signal, dass ihre Arbeit wirkt und im nachbarschaftlichen Miteinander bereits erkennbare Früchte trägt. Bei ToM handelt es sich keineswegs um ein gewöhnliches Wohngebiet, sondern um ein zukunftsfähiges Stadtkonzept, das die degewo 2016 entwickelte. Auf dem Gelände Schönefelder Chaussee/Ecke Wegedornstraße in Altglienicke sollten nicht nur dringend gebrauchte Wohnungen für Berliner Wohnungssuchende und für geflüchtete Menschen mit Bleiberecht entstehen. Das Pilotprojekt „ToM“ soll vielmehr die Integration von Zugewanderten aktiv durch vielfältige Angebote unterstützen. Auch die Nachbarschaft profitiert von der Aufwertung des Quartiers und den neuen Gemeinschaftseinrichtungen, die sich dank der Kooperation von degewo und dem Internationalen Bund (IB) hier angesiedelt haben. Denn Altglienicke ist ein schwieriger Sozialraum: das Stadtzentrum ist weit weg, die Anbindung an den ÖPNV ausbaufähig, in einigen Vierteln mit hoher Kinderarmut sind die Menschen auf soziale Unterstützung angewiesen. Hier braucht es neue Konzepte und soziale Begleitung, um ein Tolerantes Miteinander zu schaffen – dafür steht ToM.
Peter Hermanns, der das Projekt seit Beginn begleitete und beim IB Berlin-Brandenburg koordinierte, sagt: „In Altglienicke sind Begegnungsorte und soziale Angebote gefragt, die allen Nachbarinnen und Nachbarn zugutekommen. Gemeinschaftsräume, Mietercafé, Spielplatz und die ToM-Kita, die sich sowohl an Neuberliner*innen als auch an alteingesessene Familien wenden, sind wichtige Bausteine des Stadtkonzepts, die durch den Internationalen Bund betreut werden.“
Das ToM-Büro ist ein bisschen das Herz der Wohnanlage. Hier laufen viele Fäden zusammen und die Bewohner*innen haben eine konstante Anlaufstelle in ihrem Wohngebiet. Viele der Mieter*innen mit Migrations- und Fluchthintergrund sind aus der Gemeinschaftsunterkunft in der Alfred-Randt-Straße im Salvador-Allende-Viertel hierher gezogen. Karolina Babic kennt viele von ihnen, denn sie hatte zuvor zwei Jahre in der Flüchtlingseinrichtung als Sozialarbeiterin und Ehrenamtskoordinatorin gearbeitet. Der persönliche Kontakt von Anfang an war wichtig und wertvoll, damit eine vertrauensvolle Basis und ein gutes nachbarschaftliches Miteinander entstehen konnten.
››Die Arbeitsatmosphäre ist toll, weil wir Teil der Gemeinschaft sind.‹‹
Allerdings war der Start im ToM-Projekt für Karolina Babic nicht ganz einfach. Im Dezember 2020 zogen die ersten Mieter*innen in die neuen Wohnungen des ToM-Wohnprojektes ein. Nur ein paar Wochen zuvor eröffnete der IB sein Sozialraum-Büro. Das war mitten im Corona-Lockdown, sodass sich die Arbeit von Karolina Babic zunächst ganz anders gestaltete als geplant. Der Auftrag lautete „Begegnungen schaffen“. In einer Zeit, in der Begegnungen per Notverordnungen auf ein Minimum reduziert wurden, eine kaum lösbare Aufgabe. Erst ab Mitte 2021 und nachdem die IB-Mitarbeiterin auch personelle Unterstützung durch Rachel Lauber und Katharina Zeh erhielt, konnten viele Ideen in konkrete Projekte für und mit der Nachbarschaft verwandelt werden. Für die Mieter*innen ist das ToM-Team jederzeit ansprechbar und mittlerweile fester Bestandteil der Gemeinschaft. Regelmäßige Beratungen im Büro, die Organisation von Veranstaltungen, die Begleitung des Jugendclubs sowie Unterstützung bei der Bildung der Mieter*innen-Initiative ToMMi und des Nachbarschafts-Cafés zählen zu den Aufgaben der drei IB-Mitarbeiterinnen.
Am Nachmittag gibt es sehr viel Beratungs- und Unterstützungsbedarf. Anfangs kamen die Mieter*innen einfach vorbei und mussten sich erst daran gewöhnen, einen persönlichen Beratungstermin zu vereinbaren. Das klappt inzwischen sehr gut und die Sozialarbeiterinnen haben so genug Ruhe und Zeit, sich mit den individuellen Anfragen zu beschäftigen. In den Beratungsgesprächen geht es oft um Alltägliches: Kita-und Schulanmeldungen oder Beantragung von Einzelfallhelfer*innen, gesundheitliche Themen und Arztbesuche, aber auch Fragen zu Integrationskursen oder beruflichen Fortbildungen. Die Kommunikation findet hauptsächlich auf Deutsch statt. Sind die Sprachbarrieren zu groß, ziehen die ToM-Mitarbeiterinnen auch Sprachmittler*innen oder Integrationslotsen aus dem Bezirk hinzu. Am Dienstagvormittag und am Mittwochnachmittag bieten Karolina Babic, Rachel Lauber und Katharina Zeh abwechselnd offene Beratungen an. Diese sind insbesondere für kurze Fragen sinnvoll, zum Beispiel wenn ein Brief vom Amt kommt und es Verständnisprobleme gibt.
››Es ist ein sehr schönes Gefühl, wenn wir einen schwierigen, existenzbedrohenden Fall lösen können.‹‹
In ihrer wöchentlichen Teamsitzung besprechen sie einzelne Fälle und tauschen sich dazu aus, um auch bei schwierigen Fällen Lösungen zu finden. Hauptsächlich aber planen sie gemeinsam verschiedene Aktionen und Veranstaltungen, um die Menschen zusammenzubringen und ein Kennenlernen der Nachbar*innen zu ermöglichen. Dabei ist ihnen das Thema Partizipation sehr wichtig. Für Ideen der Bewohner*innen haben sie immer ein offenes Ohr und freuen sich über die nachbarschaftliche Beteiligung. Schließlich sollen sich die Mieter*innen irgendwann auch ohne die Sozialarbeiterinnen organisieren und selbst gemeinschaftliche Projekte umsetzen, zum Beispiel die Pflege des in diesem Jahr angelegten Gemeinschaftsgartens, der finanziell von der degewo unterstützt wurde, oder das Nachbarschaftscafé, das mittlerweile mehrmals in der Woche öffnet und in dem verschiedene Veranstaltungen stattfinden. Besonders gute Gelegenheiten für Begegnungen bieten die jahreszeitlichen Feste wie Ernte-Dank-, Frühlings- und Sommerfest. Alle Mieter*innen bringen etwas zu Essen mit und es entsteht ein internationales Buffet mit vielen selbstgemachten Leckereien. Beim gemeinsamen Feiern fällt es leichter Kontakt zueinander aufzunehmen und sich auszutauschen.
Besonders gute Gelegenheiten für Begegnungen bieten die jahreszeitlichen Feste wie Ernte-Dank-, Frühlings- und Sommerfest. Alle Mieter*innen bringen etwas zu Essen mit und es entsteht ein internationales Buffet mit vielen selbstgemachten Leckereien. Beim gemeinsamen Feiern fällt es leichter Kontakt zueinander aufzunehmen und sich auszutauschen.
Viele Angebote haben sich inzwischen etabliert und werden von vielen Mieter*innen gerne angenommen. Dazu zählt in erster Linie das Café - einem Begegnungsort, in dem sich einige Bewohner*innen mehrmals in der Woche treffen. Für Frauen und Mütter gibt es in Zusammenarbeit mit Partnerschaften für Demokratie neuerdings auch Frauensport und Mutter-Kind-Kurse im Bewegungsraum. Und die nächsten Veranstaltungen für den Herbst und Winter sind ebenfalls schon geplant: Einmal im Monat soll es jeweils einen Kino- und einen Spieleabend geben, organisiert von den Mieter*innen. Das ToM-Team möchte außerdem jeden Monat einen interkulturellen Kochabend für und mit den Bewohnenden veranstalten. Dank der finanziellen Unterstützung durch Partnerschaften für Demokratie, können die IB-Mitarbeiterinnen alle Zutaten besorgen, ohne dass sich die Bewohnenden an den Kosten beteiligen müssen.
Die Ideen gehen Karolina, Rachel und Katharina ganz sicher nicht aus. Auch an Unterstützung mangelt es nicht. So ist das Team im Quartier sehr gut vernetzt. Inzwischen gibt es viele Partnerschaften und Kooperationen mit anderen Initiativen und Vereinen, Beratungsstellen und Familienzentren in Treptow-Köpenick. Mit der degewo stehen die Sozialarbeiterinnen in engem Austausch. Durch die erfolgreiche Arbeit hat die degewo die Sozialraumarbeit mit dem IB sogar bis Ende 2023 verlängert - genug Zeit also, um noch mehr nachbarschaftliches und tolerantes Miteinander zu entwickeln.