Im Artikel 3 unseres Grundgesetzes steht der allgemeine Gleichheitssatz, nach dem alle Menschen gleich zu behandeln sind. Umstritten und viel diskutiert ist, dass immer noch der Begriff "Rasse" verwendet wird. Auch in den Grundsätzen des Internationalen Bundes wurde lange diese Formulierung verwendet. Nun hat der IB seine Grundsätze geändert und den Begriff gestrichen.
"Kein Mensch darf wegen des Geschlechtes, der Abstammung, der Sprache, der Heimat und Herkunft, des Glaubens, der religiösen oder politischen Anschauungen, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität diskriminiert werden. Der IB ist gegen jede Art von rassistischer Zuschreibung." - so heißt es seit Oktober 2021 in den Grundsätzen des Internationalen Bundes, die nach Beschluss des IB-Präsidiums geändert wurden. Bis dato war dort noch von "Rasse" zu lesen, analog zum Artikel 3 des deutschen Grundgesetzes. Der Begriff legt nahe, es gäbe menschliche Rassen. Entwickelt hatte sich diese Vorstellung zu Zeiten des Kolonialismus (18. Jahrhundert) und gipfelte in der von den Nationalsozialisten verbreiteten Rassenlehre. Wissenschaftlich ist jedoch längst bewiesen, dass es keine Menschenrassen gibt, da alle Menschen - genetisch betrachtet - fast gleich sind.
Für einen Sozial- und Bildungsträger, der sich in seiner Arbeit für alle Menschen gleichermaßen einsetzt, sich klar zu Vielfalt und Demokratie bekennt und sich gleichzeitig konsequent gegen Rassismus und Diskriminierung richtet, war die Verwendung dieses Begriffes weder passend, noch zeitgemäß. Intern gaben Kollegen*Kolleginnen unterschiedlicher Bereiche den Anstoß für eine Änderung der IB-Grundsätze.
››Es geht nicht darum, nur ein Wort zu ändern, sondern eine Haltung zu zeigen.‹‹
Auf einer Fachtagung der Respekt Coaches wurde darüber intensiv diskutiert. Adrian de Souza Martins, Bereichsleiter der Jugendmigrationsdienste (jmd) beim IB Berlin-Brandenburg und selbst Respekt Coach, war damals dabei. Er findet den Begriff nicht angemessen und plädiert für eine akurate Sprache, um Betroffene zu schützen und verletzende Sprache nicht zu reproduzieren. "Letztlich geht es aber nicht bloß darum ein Wort zu ändern, sondern eine Haltung zu zeigen.", sagt der Respekt Coach aus Berlin.
Auch die Kolleginnen und Kollegen in der IB-Zentrale in Frankfurt am Main waren immer wieder über diesen Begriff gestolpert und befürworteten eine schnelle Änderung. "Was uns sehr störte war, dass wir mit dieser Formulierung in den Grundsätzen eine Denkweise verstärken, die wir eigentlich vermeiden wollen", erklärt Mieke Bethke, Mitarbeiterin im Referat Migration und gesellschaftlicher Zusammenhalt. Deshalb gründete sich eine interne Arbeitsgruppe, die gemeinsam nach neuen, angemessenen Formulierungen suchte. Ziel war einerseits den Begriff "Rasse" zu streichen, anderseits sollte die gesellschaftliche Existenz von Rassismus in den Grundsätzen Berücksichtigung finden. Hilfreich waren dabei die Empfehlungen des Deutschen Instituts für Menschenrechte, an denen sich das Team orientierte.
››Wir müssen uns der Werte bewusst sein, für die wir stehen.‹‹
Adrian de Souza Martins findet es richtig und konsequent, dass der IB diese Änderung umgesetzt hat, und meint: "Dafür braucht man nicht auf eine Gesetzesänderung zu warten." Das bestätigt auch Mieke Bethke: "Wir dürfen nicht reaktiv handeln, sondern wollen auch gesellschaftliche Veränderungen anstoßen." Am 21. Oktober 2021 verabschiedete das IB-Präsidium die geänderten Grundsätze.
Im deutschen Grundgesetz steht 2022 immer noch der Begriff "Rasse". Obwohl sich die damalige große Koalition bereits 2020 einig schien, die Oppositionsparteien Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke ebenfalls für eine Gesetzesänderung plädierten und viele Stimmen aus der Zivilgesellschaft eine Streichung der Formulierung forderten, konnte bisher keine Lösung und damit keine Änderung des Artikel 3 GG erreicht werden.
Der Internationale Bund ist hier nun einen großen Schritt weiter. Die Bedeutung dieser scheinbar kleinen Änderung für den IB fasst Mieke Bethke folgendermaßen zusammen: "Als großer Träger unterschiedlicher sozialer Dienste müssen wir uns der Werte bewusst sein, für die wir stehen. Wir gestalten gesellschaftliche Rahmenbedingungen mit und richten uns ganz klar gegen Diskriminierung und Rassismus. Wenn wir an solch entscheidender Stelle, den IB-Grundsätzen, unwidersprochen das Konzept 'Rasse' aufgreifen, senden wir widersprüchliche Signale. Aus diesem Grund war eine Änderung der Grundsätze für unsere Arbeit ganz entscheidend."