Der Schreck war groß bei den rund 400 Respekt Coaches in Deutschland und den vier Trägergruppen, als die bereits zugesagten 15 Millionen Euro plötzlich aus dem Bundeshaushalt verschwunden waren. Wo war das Geld hin? Und vor allem: Wie sollte es ohne diese wichtige Finanzierung für das bundesweite Präventionsprogramm "Respekt Coaches" weitergehen?
Extremismus, Rassismus, Antisemitismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Hass machen auch vor den Schultoren nicht Halt. Umso wichtiger, dass junge Menschen auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden und zu mündigen Bürger*innen begleitet, informiert und aufgeklärt werden. Diese Aufgabe haben seit Anfang 2018 mittlerweile über 400 Respekt Coaches an 275 Standorten in Deutschland übernommen. In enger Kooperation mit den teilnehmenden Schulen vor Ort bieten sie umfassende Angebote zur Demokratieförderung und politischen Bildung an. Sie sind Teil der Jugendmigrationsdienste in Deutschland und arbeiten auf Basis eines einzigartigen Bundesprogrammes, das 2017 von der damligen Familienministerin Franziska Giffey ins Leben gerufen wurde.
Die Arbeit der Respekt Coaches hat sich in den vergangenen Jahren bewährt und Erfolge gezeigt. Infolgedessen wurde das zunächst mit 21 Millionen Euro jährlich aus dem Kinder- und Jugendplan des Bundes finanzierte Präventionsprogramm mit weiter aufgestockt. Weitere Respekt Coaches konnten ihre Arbeit aufnehmen, neue Schulen für die Zusammenarbeit gewonnen werden. Im Mai des vergangenen Jahres beschloss das Kabinett, das Programm „Respekt Coaches“ um 15 Millionen Euro aus dem Maßnahmenkatalog des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus aufzustocken, um die pädagogische Arbeit und Primärprävention gezielt auszuweiten und zu stärken. Diese Aufstockung wurde im Kabinettsbeschluss für die Folgejahre bis 2024 festgeschrieben. Im Frühjahr dieses Jahr fiel plötzlich auf, dass diese Summe fehlt. Sie war verschwunden! Gestrichen! Aber warum? Auf diese Frage wussten selbst viele Abgeordnete des Deutschen Bundestages keine Antwort.
Den vier Trägergruppen, die das Programm bundesweit umsetzen, war sofort klar: Wir dürfen keine Zeit verlieren. Es folgten viele fachploitische Gespräche auf unterschiedlichen Ebenen sowie ein Parlementarisches Frühstück mit Abgeordneten des Bundestages am 28. April 2022. Auch der IB Berlin-Brandenburg nahm Kontakt zu den Abgeordneten der jeweiligen Wahlkreise auf, informierte über die Lage und lud die Mitglieder des Deutschen Bundestages zu einem digitalen Dialog ein, um die Wichtigkeit des Programmes nochmals zu betonen und um Unterstützung bei der bevorstehenden Haushaltsbereinigung und -verabschiedung zu bitten. Soweit sollte es jedoch nicht kommen. Mit ihrem Anliegen rannten die Trägergruppen offene Türen ein und die erleichternde Nachricht kam ebenso plötzlich, wie die 15 Millionen Euro verschwunden waren.
Nun freuen sich der IB und seine mehr als 70 Respekt Coaches an 60 Standorten über die finanzielle Absicherung der Maßnahme durch den Haushaltsausschuss des Bundestages für das Jahr 2022. „Wir sind sehr erleichtert, dass die Kehrtwende gelungen ist. Großer Dank gebührt den einzelnen Einrichtungen des IB, die Abgeordnete informiert und Gespräche geführt haben. Es ist in solchen Situationen wichtig, der Politik begreifbar zu machen, wofür sie sich einsetzt.“, sagt IB-Präsidentin Petra Merkel.
Dank gebührt aber auch den vielen Abgeordneten des Bundestags, die der Argumentation des IB und ihrer Überzeugung gefolgt sind und sich für die Wiedereinstellung der 15 Millionen im Programm „Respekt Coaches“ und die Aufstockung um zusätzliche acht Millionen Euro für die Jugendmigrationsdienste (JMD) eingesetzt haben. „Die Investition in die Jugendmigrationsdienste ist eine klare Investition in die Demokratie. Sie trägt unter anderem dazu bei, den sozialen Frieden zu stärken“, so Petra Merkel.
Trotz des Erfolges kann noch keine Entwarnung gegeben werden: Die Gelder für das "Respekt Coaches"- und das JMD-Programm sind zunächst nur bis Ende 2022 bewilligt. "Der Internationale Bund setzt sich daher für eine bessere finanzielle Ausstattung der Bundesprogramme ein und fordert, dass diese Mittel langfristig abgesichert werden.", sagt IB-Vorständin Karola Becker. Spätestens im September, wenn das Demokratiefördergesetz verabschiedet werden soll, wollen die Träger die Sicherung der Mittel einfordern.