Datenschutzkonformes Bewerbermanagement

Anja Meyer 28.07.2021 Lesedauer 2 Min.

Nachdem vor genau einem Jahr das US-Privacy Shield kippte, schien die Arbeit von eineinhalb Jahren zu nichte. So lange hatten das Recruiting- und das IT-Team der IB Berlin-Brandenburg gGmbH gemeinsam mit der zentralen HR-Abteilung in Frankfurt am Main an der Einführung einer Bewerbermanagement-Software (BMS) gearbeitet. Nun geht die neue Software "umantis" von Haufe in Berlin und Brandenburg in den Testbetrieb.

Die Nutzung eines Bewerbermanagementsystems (BMS) bietet zweifellos viele Vorteile im Recruiting. Deshalb setzen viele große Unternehmen bei der Personalgewinnung auf entsprechende Software, mit der sich der gesamte Recruitingprozess professionalisieren und effizienter gestalten lässt. Um auf dem Bewerbermarkt und im Wettbewerb um qualifiziertes Personal mithalten zu können, startete der IB im Januar 2019 ein Pilotprojekt zur Einführung eines Bewerbermanagement-Systems. Die IB Berlin-Brandenburg gGmbH leitet das Projekt in enger Abstimmung mit der zentralen HR-Abteilung in Frankfurt am Main. Nach gründlicher Recherche und Überlegungen entschied sich das Projektteam damals für das Bewerbermanagementsystem von SmartRecruiters. Eineinhalb Jahre arbeiteten die Projektleiterinnen des Bereichs Recruiting beim IB Berlin-Brandenburg, Jessica Marquardt und Jessica Lindner, das IT-Team sowie die zentrale Personalabteilung in Frankfurt am Main an der Einführung der Software.

Bewerbermanagement scheiterte an Privacy Shield

Ein großer Rückschlag folgte im Juli 2020: Mit dem Shrems II-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) kippte der sogenannte EU-US-Privacy-Shield. Bis dato war es gestattet, personenbezogene Daten europäischer Bürger DSGVO-konform an US-Unternehmen zu übermitteln. Diese Unternehmen mussten eine Selbstverpflichtung eingehen, dass sie die Datenschutz-Bestimmungen befolgen und Betroffenen Rechte einräumen. Grundlage dafür bildete eine Abmachung zwischen der EU-Kommission und den USA. Basierend auf einer Klage prüfte der Europäische Gerichtshof das Abkommen und erklärte in seinem Urteil den Privacy Shield für unwirksam. Laut der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) dürfen personenbezogene Daten nur dann in ein "Drittland" (außerhalb der EU) übermittelt werden, wenn dafür eine Rechtsgrundlage vorliegt und durch angemessene Garantien sichergestellt ist, dass beim Empfänger im Drittland ein der DSGVO entsprechendes Datenschutzniveau besteht. In den USA gilt der Datenschutz allerdings nicht als angemessen, weshalb eine Datenübermittlung theoretisch nicht mehr stattfinden darf.

Jessica Marquardt ist für den Bereich Recruiting zuständig und begleitet die Einführung eines Bewerbermanagements. Foto: IB Berlin-Brandenburg

Mit dem EuGH-Urteil änderte sich die Lage für viele Unternehmen grundlegend, auch für den IB. "Diese Nachricht war ein großer Schock für uns.", erinnert sich Jessica Marquardt. "Wir waren mit dem Projekt schon weit vorangeschritten, hatten die Software beim IB Berlin-Brandenburg eingeführt, Mitarbeiter*innen geschult und standen vor dem Roll-out für die gesamte IB-Gruppe."

Der Schutz personenbezogener Bewerberdaten steht an oberster Stelle.

Dr. Christian Schalles, der als externer Berater die IB Gruppe seit Mai 2018 in allen Fragen zum Datenschutz berät, fasst die Problematik folgendermaßen zusammen: "Bei Nutzung des Tools von SmartRecruiters findet unstreitig ein Datentransfer in die USA und damit in ein 'Drittland' im Sinne der DSGVO statt." Obwohl die Software nach Auskünften von SmartRecruiters auf Servern innerhalb der EU gehostet wird, findet dennoch eine Datenübermittlung an einen US-amerikanischen Sub-Dienstleister statt. Laut Dr. Schalles wäre die Weiternutzung des Bewerbermanagement-Systems von SmartRecruiters und das Roll-out auf weitere Unternehmen der IB-Gruppe "mit einem hohen rechtlichen und daher auch mit einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko für den IB verbunden" gewesen. Denn bei Nicht-Einhaltung der DSGVO drohen Unternehmen erhebliche Bußgelder, die sich am Bruttoumsatz des gesamten Unternehmens berechnen. "Für den IB könnten die Strafzahlungen im zweistelligen Millionenbereich liegen", erklärt der Datenschutz-Experte der Firma Intargia.

Neues Bewerbermanagement-System geht Ende 2021 live

Die Arbeit des Projektteams erwies sich dennoch nicht als umsonst, wie Jessica Marquardt berichtet: "Durch die intensive Marktanalyse in der Anfangszeit konnten wir schnell auf einen Mitbewerber umschwenken. Das BMS von Haufe hatte uns damals ebenfalls überzeugt und lag an zweiter Stelle." Auch das ausführliche Lastenheft mit allen Anforderungen sowie die Erfahrungen aus der Phase des Systemdesigns und der Konfiguration trugen dazu bei, dass das neue Bewerbermenagementsystem umantis von Haufe ein Jahr nach dem Shrems II-Urteil beim IB Berlin-Brandenburg und in der Zentrale des Internationalen Bundes in Frankfurt am Main eingeführt werden konnte. Aktuell befindet sich die Software in der regionalen Testphase. Ab September werden die ersten Führungskräfte in mehreren Schulungen mit der Nutzung des neuen Bewerbermanagements vertraut gemacht. Der Live-Gang des Systems und der Roll-out innerhalb der gesamten IB-Gruppe ist für November 2021 geplant.

Hauptgeschäftsstelle / Verwaltungszentrum

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Anja Meyer

war als Referentin für Kommunikation und Marketing sowie als Pressesprecherin beim IB Berlin-Brandenburg tätig. In dieser Funktion kümmerte sie sich um die…

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