Auf den Spuren des Kolonialismus

Belinda Hampe 18.08.2022 Lesedauer 2 Min.

Ein Team-Bildungs-Tag, der seinem Namen in jeder Hinsicht gerecht wird. Auszubildende im Garten- und Landschaftsbau des IB in Berlin-Neukölln nutzten diesen Tag für einen sehr besonderen Spaziergang. Ihr Weg führte sie durch das Afrikanische Viertel im Wedding, auf den Spuren des „Kolonialismus“. Veranstalter ist das Afrika-Haus Berlin. Der Leiter des Hauses, Oumar Diallo, hat diesen Spaziergang entwickelt und führt diesen ziel- und passgenau mit unterschiedlichsten Gruppen durch.

Die Ausbildungsgruppe nutzte den Tag dazu sich als Gruppe mit dem Thema zu beschäftigen und erhielt im Vorfeld durch das Ausbildungsteam Silke Leers (Sozialpädagogin) und Stefan Möwes (Ausbilder) eine Einführung in das Thema Kolonialismus. „Es war gut und richtig, sich dieses Themas anzunehmen, da viele Informationen für die Azubis neu waren und durch den Spaziergang veranschaulicht wurden“, berichtet Stefan Möwes. Inzwischen hat auch eine weitere IB Berufsvorbereitungsgruppe den Spaziergang absolviert und ich hoffe, es werden noch mehr.

Sozialpädagogin beim IB: Silke Leers
IB-Ausbilder Stefan Möwes

Das Afrikanische Viertel beginnt am U-Bahnhof Seestraße und zieht sich hoch bis zum U-Bahnhof Afrikanische Straße. Auch der Volkspark Rehberge gehört dazu. Die Straßennamen Petersallee, Nachtigalplatz, Lüderitzstraße weisen eindeutig auf die koloniale Geschichte hin und stehen seit Jahren in der Kritik. Carl Peters, Gustav Nachtigal und Franz Adolf Lüderitz: Alle drei hatten in unterschiedliche Weise dazu beigetragen, Teile des afrikanischen Kontinents militärisch bzw. durch Kaufverträge für deutsche Interessen zu sichern. Namensbenennungen wie zum Beispiel die Togostraße und die Ugandastraße spiegeln zudem die damaligen politischen Einflüsse und Weltanschauungen wider.

Den Spaziergang hat Oumar Diallo, Leiter des Afrika-Hauses, entwickelt. Er beschreibt sein grundsätzliches Anliegen wie folgt: „Das Projekt widmet sich der Geschichte des deutschen Kolonialismus und seinen bis heute anhaltenden Folgen. Ich halte eine in die breite der Gesellschaft hineingetragene Erinnerungsarbeit zu diesem Thema für notwendig.“
Neben den Spaziergängen bietet er eine Ausstellung mit 30 großformatigen Tafeln und Abbildungen zur Geschichte des Kolonialismus und des Nationalsozialismus direkt im Afrika-Haus an. Auch hier stehen koloniale Erinnerungsorte im Fokus wie zum Beispiel die Wilhelmstraße. Hier fand 1884/85 die Berliner Afrika-Konferenz statt, welche die Aufteilung Afrikas unter den Kolonialmächten zur Folge hatte. Eine informative Broschüre begleitet die Ausstellung.

Seit vielen Jahren kooperiere ich mit Oumar Diallo und habe auch so manchen schönen und informativen Abend im Afrika-Haus verbracht. Dort finden unterschiedlichste Veranstaltungen, Vorträge und musikalische Darbietungen statt. Das Haus steht immer offen und lädt jeden Menschen gern ein, sich unter anderem mit afrikanischen Kulturen, deren Geschichte, Anliegen und Perspektiven vertraut zu machen. Diallos Worte machen den Ansatz und die Bedeutung einer generellen Erinnerungsarbeit eindringlich deutlich:

„Ohne ein angemessenes Verständnis der Geschichte, sind die gegenwärtigen Herausforderungen von Migration, Flucht und Krieg nicht zu bewältigen. Nur gemeinsam können wir den Planeten lebenswert gestalten.“

Ursprünglich stammt der Diplom-Soziologe, Oumar Diallo, aus Guinea. Er hat das Afrika-Haus 1993 als einen Ort für die transkulturelle Begegnung und politische Bildungsarbeit eröffnet und es über die Grenzen Berlins hinaus zu einer Institution entwickelt. Es richtet sich vor allem an die afrikanische Community und darüber hinaus an eine an Afrika interessierte Öffentlichkeit. Das Afrika-Haus ist offen für alle und bietet regelmäßig verschiedene Veranstaltungen zu den Themen Geschichte, Politik und Kultur Afrikas, (Post)Kolonialismus, afro-deutsche Geschichte, afrikanische-europäische Beziehungen. Das Afrika-Haus gehört zu den ersten Institutionen seiner Art in Deutschland und wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) und Entwicklung und der Berliner Landeszentrale für politische Bildung gefördert.

Der Spaziergang und die Ausstellung sind nicht allein für Auszubildende bereichernd. Wer auch immer den Gedanken teilt, dass wir aus der Vergangenheit für die Zukunft und unser gesellschaftliches Miteinander lernen können, wird das Afrika-Haus zu schätzen wissen. Wer möchte kann auch Samosas und Getränke dazu buchen und die kulinarischen Spezialitäten der afrikanischen Küche probieren.

Belinda Hampe

Unsere Autorin Belinda Hampe arbeitet als Diplom-Sozialpädagogin seit 2007 beim IB, primär in der Wohnungslosenhilfe in Berlin. In diesem Bereich berät und…

Weiterlesen