Kennen Sie ToM? Der kurze Name steht für lang angelegtes Engagement. Er ist die Abkürzung für „Tolerantes Miteinander“, ein Modellprojekt von degewo, das Wohnen und Integration vereint. Geflüchtete wohnen hier gemeinsam mit Menschen, die schon jahrelang in Deutschland leben oder hier geboren sind. Der Internationale Bund in Berlin kümmert sich direkt vor Ort um das soziale Miteinander.
Im Dezember 2020 geht es so richtig los bei ToM: Mieterinnen und Mieter ziehen ein, Veranstaltungen und Feste finden statt, eine Nachbarschaft entsteht. Gründe genug für degewo, einmal nachzufragen, wie es so läuft bei diesem zukunftsweisenden Wohnprojekt. Und wer wäre als Gesprächspartner besser geeignet als jemand, der von Anfang an dabei ist?
Ein Modellprojekt wie dieses braucht erfahrene Trägerschaft. Darum hat degewo den Internationalen Bund (IB), einen gemeinnützigen freien Träger mit über 70 Jahren Erfahrung, mit ins Boot geholt. Wir sprachen mit Peter Hermanns, Leiter des Bereichs Politische Kommunikation beim IB, über das Besondere an ToM und die verbindende Kraft der Nachbarschaft.
Peter Hermanns: Wir wollten den Namen „Tolerantes Miteinander“ mit Leben füllen, sodass diejenigen, die dort wohnen, miteinander ins Gespräch kommen. Das ist uns, denke ich, gut gelungen. Natürlich hat auch bei uns die Pandemie dazu geführt, dass wir einige Dinge nicht so umsetzen konnten, wie wir wollten, gerade was gemeinsame Aktivitäten betrifft. Aber mit den Kindern haben wir schon sehr viel unternommen. Einmal in der Woche kommt der Zirkus Cabuwazi bei uns vorbei, genauso wie eine mobile Spielstation, und wir haben beispielsweise ein Fußballangebot für etwas Ältere.
››Wenn Kinder miteinander spielen, dann kommen auch die Eltern ins Gespräch.‹‹
Unser ToM-Kita ist interkulturell und nicht nur für die Menschen da, die im ToM-Projekt leben, sondern auch für die Kinder der Nachbarinnen und Nachbarn. Das verbindet, denn wenn die Kinder miteinander spielen, dann kommen auch die Eltern ins Gespräch. Wir bauen die Kinderbetreuung gerade schrittweise auf. Das ist gar nicht so einfach, wie man sich das von außen betrachtet vielleicht vorstellt. Wir bekommen den Fachkräftemangel sehr zu spüren, es ist schwer, geeignete Mitarbeitende zu finden. Derzeit suchen wir noch weitere Erzieherinnen und Erzieher mit besonderen Qualifikationen.
Das stimmt, denn er spricht fließend Arabisch und Deutsch. Bei uns wohnen viele Mieterinnen und Mieter, die Arabisch als Muttersprache sprechen, und es ist immer etwas anderes, wenn man sich in dieser Sprache unterhalten kann und nicht in einer Fremdsprache. Das ist ein großer Gewinn.
Der Beratungsbedarf ist sehr groß. Vor allem Menschen mit Fluchtgeschichte nutzen dieses Angebot, wenn ihre Deutschkenntnisse noch nicht so gut sind. Da geht es um Rentenanträge, gesundheitliche Versorgung, Kindergeld. Einige dieser Formulare verstehen ja nicht einmal Herkunftsdeutsche im Detail. Diese Beratungen sind sehr arbeitsintensiv, wir verbringen damit derzeit mehr als die drei Stunden täglich, die dafür eigentlich eingeplant sind. Über kurz oder lang werden wir einen Teil der Beratungen auslagern, damit wir mehr Zeit für unsere Kernaufgaben haben, zum Beispiel für Nachbarschaftsaktivitäten und die Unterstützung unseres Mieter*innenbeirats.
Viele Nachbarinnen und Nachbarn bieten uns Unterstützung und Hilfe an. Ich gebe zu, das war nicht immer so. Bei der ersten Bürgerversammlung in Altglienicke 2016 gab es massiven Widerstand gegen das Wohnprojekt. Und es ist natürlich nie einfach, wenn ein Neubau in einer bestehenden Nachbarschaft entsteht, da kann es immer Konflikte geben – ob das jetzt ein verbauter Ausblick ist oder die Geräuschkulisse von spielenden Kindern der Kita. Aber wir versuchen, mit den Anwohnenden ins Gespräch zu kommen und beantworten auch immer wieder Anrufe und Briefe und sprechen Einladungen aus. Im kommenden Frühjahr werden wir übrigens auch unser Mietercafé eröffnen, das allen Nachbarinnen und Nachbarn offensteht. Und es geht uns auch darum, dass die 450 Menschen, die bei ToM wohnen, miteinander in Kontakt kommen.
Die feiern wir natürlich auch! Erst jetzt Ende Oktober hatten wir ein tolles Halloween-Fest, das super gelaufen ist. Es gab Kürbisschnitzen für die Kinder und viele wirkliche Begegnungen, also einen regen Austausch von Menschen aus unterschiedlichen Ländern, mit unterschiedlichen Hintergründen und Geschichten. Solche Dinge werden wir sicherlich öfter machen.
Im Fokus stehen die Begegnungen zwischen den Mieterinnen und Mietern. Wir möchten da möglichst wenig vorgeben und eher Ideen aufgreifen, die von den Menschen selbst kommen. Da gibt es auch schon ganz tolle Impulse aus der Mieterschaft, zum Beispiel stößt das gemeinsame Gärtnern auf große Gegenliebe. Wir wollen auch mehr Raum geben für Begegnungen – das Mietercafé erwähnte ich bereits, es wird bald einen Raum für Jugendliche geben, den sie selbst teils mit Graffiti gestalten. Wir wollen unseren Bewegungsraum, den es schon jetzt gibt, schrittweise für eigene Aktivitäten der Mieterinnen und Mieter öffnen, das reicht von Krabbelgruppe über Yoga bis hin zu Boxen.
Viel Erfolg dabei! Und vielen Dank für das Gespräch.